Rheinische Post

erstellt am: 21.02.2008
Nicht lange fackeln
VON DANIEL OELBRACHT

(RP) Reportage Die Devise des Kobudo ist einfach, aber schwer umzusetzen. Der Kampf mit Waffen ist effektiv und anstrengend. Die Wurzeln des Sports sind die gleichen wie bei Karate.

Ein Geräusch macht den Unterschied. Es ist vor allem das monotone „Klack Klack“, das Kobudo und Karate akustisch voneinander unterscheidet. Die zehn Aktiven des Schnupperkurses des Gojo-Ryu-Karate-Clubs Haan nehmen dieses Geräusch, wenn sich die beiden knapp zwei Meter langen Stöcke treffen, jedoch kaum wahr. Mit der Fußstellung haben hier die wenigsten Probleme, denn die kennen sie vom normalen Karate-Training. Aber mit der Griffhaltung haben die Sportler ihre liebe Not. „Die Materie ist schwierig und ungewohnt“, macht Hans Bäuml Mut, „aber wenn man Spaß hat, lernt es sich leichter.“

Bäuml hat gut reden. Er ist Träger des vierten Kobudo-Dans und betreibt die Kampfsportvariante seit 21 Jahren. Der Düsseldorfer kam auf Einladung des Haaner Vereins in die Turnhalle Bollenberg, um einer Gruppe Karatekas einen Einstieg in die Welt des Kobudo zu geben. Der 41-Jährige räumt zunächst mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf: „Wenn in asiatischen Martial-Arts-Filmen mit Stöcken oder anderen Waffen gekämpft wird, sieht das spektakulär aus, ist aber wenig effektiv. Im Kobudo wird nicht lange gefackelt. Ein Stoß, zack, fertig.“

Der Legende nach war es den japanischen Edelleuten vorbehalten, Karate zu betreiben. Doch auch dem armen Volk mit seinen Bauern und Fischern gefiel der Sport. Aus der Not heraus funktionierten sie ihre Werkzeuge und Gerätschaften wie Stöcke, Mistgabeln, Paddel und ähnliches in Waffen um und bauten sie in die Katas mit ein. Das Kobudo war geboren. „Mir gefällt, dass es keinen Wettkampf gibt. Kobudo ist unverfälscht und blickt auf eine lange Tradition zurück“, erzählt Michael Flesser begeistert. Er entschied sich schon vor anderthalb Jahren dazu, die Sportart zu entdecken. Und da Kobudo und Karate die gleichen Wurzeln haben, fiel der Einstieg nicht schwer.

Auch die zehn Teilnehmer des Lehrgangs stellen sich für ihre ersten Stunden geschickt an. Bäuml und sein Vereinskollege Norbert Wüsthoff (erster Dan) vermitteln zu Beginn Grundtechniken und führen Partnerkatas vor. Schritt für Schritt und Griff für Griff entstehen so komplexe Kombinationen, einer Choreografie gleich. „Vor allem die Griffhaltungen sind anfangs schwierig, und nach einer Zeit können einem von den ungewohnten Bewegungen die Gelenke schmerzen“, berichtet der Lehrer aus eigener leidvoller Erfahrung.

Mit geübtem Blick erkennt Bäuml auch kleine Fehler, korrigiert immer wieder Ungenauigkeiten und lässt die Teilnehmer Angriffs- und Abwehrsituationen wiederholen. „Ihr müsst auf den Stoß des Gegners warten und nicht blind verteidigen, nur weil die Kata das vorsieht“, erklärt er. Kein Angriff, keine Abwehr, lautet die Devise, denn andernfalls geht die Verteidigung ins Leere und der Gegner hat einen Vorteil. Die Neulinge jedenfalls scheinen nicht unglücklich, als der Lehrgang nach fast vier Stunden mit der traditionellen Verabschiedung und Meditation endet.

Michael Flesser ist zuversichtlich und stellt zufrieden fest: „Ich glaube, es bestehen gute Chancen, dass wir in Haan eine Kobudo-Gruppe gründen. Zumindest für mich war der Wechsel nach 20 Jahren Karate sehr reizvoll.“